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pax christi

menschen machen frieden - mach mit.

Unser Name ist Programm: der Friede Christi. 

pax christi ist eine ökumenische Friedensbewegung in der katholischen Kirche. Sie verbindet Gebet und Aktion und arbeitet in der Tradition der Friedenslehre des II. Vatikanischen Konzils. 

Der pax christi Deutsche Sektion e.V. ist Mitglied des weltweiten Friedensnetzes Pax Christi International.

Entstanden ist die pax christi-Bewegung am Ende des II. Weltkrieges, als französische Christinnen und Christen ihren deutschen Schwestern und Brüdern zur Versöhnung die Hand reichten. 

» Alle Informationen zur Deutschen Sektion von pax christi

Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. - Antikriegstag München 2014

10. Sep 2014

Der traditionelle Informationsabend des Münchner Friedensbündnisses und des DGB Kreis-verbandes München zum Antikriegstag am 1. September im DGB-Haus – heuer auch mitge-tragen von attac München – stand unter dem Motto Kriegspropaganda im 1. Weltkrieg und heute.

Der Veranstaltung ging voraus eine kurzfristig organisierte Demo gegen die von der Bundesregierung beschlossene und am 1. September im Bundestag überwiegend befürwortete Waffenlieferung an die Kurden im Nordirak.

Pax christi München war als Gruppe im Trägerkreis des Friedensbündnisses Mitveranstalterin des Abends im Gewerkschaftshaus und beteiligte sich auch an der Demonstration.

 

EuphorieNach einem Grußwort von Simone Burger, der Sprecherin des DGB-Kreisverbandes München, referierte Dr. Ludwig Eiber, Historiker und 2. Vorsitzender des Archivs der Münchner Arbeiterbewegung an Hand von Fotografien, Karikaturen und Zeichnungen über die Kriegspropaganda vor und im Ersten Weltkrieg. Die Bevölkerung wurde manipuliert, Krieg sei Alltag. Bezeichnend für die Wertschätzung der künftigen Rekruten ist der Ausspruch eines Feldwebels: „Wenn ihr im Krieg seid, seid ihr Helden – heute seid ihr Schweinehunde!“ Regierung und Militär zeigten sich siegessicher, es gäbe kaum Verluste und der Krieg dauere nicht lange (siehe Foto „An Weihnachten sind wir wieder zu Hause“).

Der kommende Krieg schien unausweichlich. Nach Aussagen von Eiber hätte er natürlich verhindert werden können. Doch dem Krieg wurde zugestimmt – von allen Parteien, auch von den Kirchen und Gewerkschaften. In der Bevölkerung war die Beurteilung differenzierter. In den Städten sahen viele junge Männer die Möglichkeit, dem Alltag zu entfliehen. Bauern, organisierte Arbeiter und Frauen erkannten aber eher die Nachteile eines Krieges.

Als er dann länger dauerte, wurde die Bevölkerung mit Durchhalteparolen hingehalten und man sollte sich mit Kriegsanleihen beteiligen.

Im 1. Weltkrieg wurden erstmals Filme und Fotos als Propagandamittel eingesetzt, gestellte Bilder von fröhlichen oder strammen Soldaten. Tote kamen höchstens auf Sterbebildern oder Heldengedenktafeln vor. Das Schreckliche wurde schön gemacht. Es gab nur Weiß und Schwarz; Grautöne wurden ausgeschaltet.

In der anschließenden Diskussion machten Zuhörerinnen aufmerksam auf eine schon damals existierende Friedensbewegung von Frauen, die sich gegen den Krieg stark machten.

 

Claudia Haydt, Soziologin und Religionswissenschaftlerin – sie arbeitet für IMI, die „Informationsstelle Militarisierung“ – setzte sich in ihrem sehr emotional gehaltenen Referat mit der heutigen Kriegspropaganda auseinander. Dass sich vor 100 Jahren auch so viele Intellektuelle von der Kriegspropaganda mitreißen ließen, bezeichnete sie als ein Versagen der Eliten.

Als zentrale Kriegslüge – heute wie auch schon 1914/18 – bezeichnete sie die von der „Machbarkeit“ des Krieges. Für uns als Bürgerinnen und Bürger sei es deshalb besonders wichtig, nicht nur die Interessen der Machthaber und Kriegstreiber zu thematisieren, sondern – wenn das Militär es richten soll -  immer wieder zu fragen „Geht das denn überhaupt?“ Hört man am Beginn einer jeden Militärintervention von Regierungsseite nicht ständig, wie harmlos und begrenzt der Einsatz sei – zynisch nach dem Motto „Kriegsbeginn leicht gemacht“. An dieser Stelle räumte sie jedoch ein, dass heute die Militärs auf Grund ihrer Fachkompetenz den Kriegseinsätzen wesentlich skeptischer und realistischer gegenüber stehen. Aber nach wie vor werden keine Verhütungsstrategien oder alternative Konfliktbewältigungen entwickelt. Es werden keine Fragen nach dem „Danach“ gestellt.

Die kritische Öffentlichkeit muss des Weiteren nach den Wirkungen und Folgen der Kriegshandlungen für die Gegenseite fragen, denn diese bleiben in der Berichterstattung und im öffentlichen Diskurs zumeist ausgeklammert. Diese einseitige Information hängt auch mit der kurzfristigen Aufenthaltsdauer der meisten Auslandskorrespondenten in Krisenregionen zusammen. Dort haben sie in den wenigen Tagen kaum Zeit, die gesellschaftlichen Verhältnisse und die Konflikthintergründe kennen zu lernen, vor allem, wenn sie sich wegen der gefährlichen Lage im Schutz des Militärs aufhalten. Da erübrigen sich dann Zensurmassnahmen.

Der Regierung ist natürlich daran gelegen, ihr eigenes Handeln  immer als gut und richtig darzustellen. Um die Zustimmung der Bevölkerung zu gewinnen ist es wichtig, den Menschen Angst zu machen, Angst um sich selbst, um die eigene Sicherheit und das eigene Wohl. Angst um andere Menschen - die auf der militärischen Gegenseite oder die, die einen im eigenen Land bedrohen könnten - wird ausgeblendet. Schränkt das aber nicht die Grundlagen unserer Empathiefähigkeit ein?

Ein weiteres Mittel der Kriegspropaganda sind Glorifizierung und Diffamierung, die sich heute in den sogenannten Weißen und Schwarzen Wörtern zeigen. Gut sind „Freiheit“, „Freihandel“, „Sicherheit“, „Entwicklung“, „Frauenrechte“, für die sich jeder Einsatz lohnt. Zu den Schwarzen Wörtern  gehören Begriffe wie „Terrorist“, „Islamist“, „Extremist“, „Separatist“ (Warum kann ich den Separatist nicht auch Föderalist nennen?)  Kriegsgegner werden stigmatisiert: Versuche ich die Gegenseite zu verstehen, unterstütze ich den Feind und befürworte automatisch sein Handeln. Diese Negativwertung hob Claudia Haydt besonders hervor. Denn wer wirklich an einer friedlichen Lösung von Konflikten interessiert ist, fragt selbstverständlich nach den Interessen und Handlungsmöglichkeiten aller am Konflikt Beteiligten. Von Verhandlungen darf keine Seite ausgeschlossen werden. Und sie fügte hinzu, dass wir als Friedensbewegung in Richtung Konfliktlösung noch viel mehr Druck auf die Regierung ausüben müssten.

 

Der große Ludwig-Koch-Saal im Gewerkschaftshaus fasste an diesem Abend kaum den Ansturm der Teilnehmenden. Entsprechend lebhaft und auch kontrovers verlief die abschließende Diskussion. Gewerkschaftsmitglieder solidarisierten sich mit den Friedensbewegten. Unter anderem gab es von Gewerkschaftsseite ein leidenschaftliches Plädoyer dafür, dass sich die Gewerkschaft klar gegen die Militarisierung positionieren müsse – und diese Stimme erhielt großen Applaus.

 

Gabriele Hilz und Gertrud Scherer